Naltschik 2020-09-19T08:25:54+00:00

Naltschik – Dienstag/Mittwoch, 20./21.9.2016

In Naltschik, der Hauptstadt der Republik Kabardino-Balkarien, kamen wir erst in der Dunkelheit an. Die Stadtführung, die tscherkessische Freunde in Maikop für uns veranstalteten, brauchte eben ihre Zeit. Zunächst schien es, als würde die schöne neue Schnellstraße uns zügig ans Ziel bringen. Doch die war plötzlich zuende, das im Bau befindliche Strassensystem für den Nordkaukasus hat noch Lücken. Das bescherte mir die Wiederbegegnung mit den von früher bekannten Transportwegen, auf denen 80 km/h zum leichtsinnigen Abenteuer werden können, weil die Gefahr des Abhebens besteht. Erreicht habe ich diese Geschwindigkeit selten, rumpelnd und schaukelnd mussten wir die dichten Abgase der „Grusowiki“ (Lkw) genießen. In Mitteleuropa hätte man diese Dreckschleudern längst stillgelegt. „Mensch, die fahren ja mit Rohöl“, beklagte ich mich, ohne Hoffnung auf Besserung. Enkel Paul war in der Beschreibung der Situation weniger zurückhaltend: „Da verbrennt einer seine Ex“, murmelte cool der Teen.

Das Hotel in Naltschik war angenehmer als die meisten der vorangegangen Übernachtungsmöglichkeiten. Ich hatte es etwas „krachen“ lassen und eine Bleibe für rund 50 Euro gewählt. Bei 20 bis 30 Euro geht es in russischen Landen auf Dauer doch etwas zu rustikal für einen alten Mann (Grins!) zu.
Eins haben die guten wie die weniger guten Schlafstätten allerdings gemeinsam: sie haben alle WLAN. In der Regel wird der WLAN- Schlüssel ungefragt mit dem Zimmerschlüssel ausgehändigt. So wird die Organisierung einer Reise mit sehr flexibler Termingestaltung, wie wir sie unternommen haben, zu einem Kinderspiel. Nur selten haben ich Unterkünfte für zwei Tage im voraus bestellt, meist reservierte ich erst am Vorabend, und es klappte immer. Die Plattform Booking.com erwies sich als außerordentlich zuverlässig, die Bandbreite der angebotenen Hotels war auch in solch exotischen Orten, vom Standpunkt eines Mitteleuropäers aus gesehen, wie eben Maikop oder Pawlowsk bemerkenswert. Wichtiger Hinweis: Für diese Bemerkung über dieReiseplattform gab es kein Honorar!

Eigentlich wollten wir uns Naltschik etwas ausführlicher ansehen. Doch dazu hätten wir eine Nacht länger bleiben müssen. Aber mich trieb der Wunsch, endlich nach Georgien zu gelangen. Ok, überredete ich Paul, nutzen wir den morgigen Vormittag, um uns die Stadt anzusehen. Bis Wladikawkas sind es dann nur noch rund 150 km, das schaffen wir bis zum Abend locker.

Doch die Verkehrslage in Naltschik, die sich nur wenig von der Situation in anderen russischen Städten unterscheidet, ließ uns anderen Sinnes werden. Nur raus aus diesem stauigen Durcheinander! So musste Paul mir glauben, dass im Zentrum der Stadt, dort, wo zu sowjetischer Zeit und auch noch heute in anderen Städten eine Lenin-Staue zu stehen pflegt, sich in Naltschik das Denkmal für eine kabardinische Prinzessin erhebt. Maria, die Tochter des Fürsten Temrjuk, hatte Iwan Grosny geheiratet, was der Sowjetmacht Grund genug schien, ihre Figur als Symbol einer „ewigen“ Verbindung zwischen den Kaukasier und den Russen zu missbrauchen. Dabei hatte Temrjuk als einer der letzten Tscherkessen (die Kabardiner gehören zu den zwölf tscherkessischen Stämmen) noch zu Russland gehalten, als das tscherkessische Volk sich längst gegen Moskau erhoben und seinen hundertjährigen Befreiungskrieg begonnen hatte, der mit einem vom Zarenreich verübten Völkermord endete.

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